Ist-Stand-Erhebung zur Umsetzung ausgewogener Ernährung in der vollstationären Pflege in Sachsen


Trotz verschiedener Standards und Leitlinien zur ausgewogenen Ernährung in vollstationären Pflegeeinrichtungen scheinen Defizite in der praktischen Umsetzung zu bestehen. Eine umfassende Datenlage war diesbezüglich nicht vorhanden. Das Projekt der parikom gGmbH in Kooperation mit dem Paritätischen Sachsen brachte nun Klarheit. Die Ersatzkassen in Sachsen (vdek) förderten das Projekt von März 2020 bis Februar 2022.

 

Warum dieses Projekt?

Die Anzahl pflegebedürftiger Menschen in Sachsen steigt stetig. Allein im Jahr 2017 waren es fast 205.000 Personen, die Pflege benötigten. Das waren ca. 19% mehr als im Jahr 2015. Trotz des uneingeschränkten Vorrangs der ambulanten vor der stationären Versorgung wurden 2017 ca. 28% (57.562 Personen) aller Pflegebedürftigen in Sachsen in stationären Einrichtungen versorgt.

Ein zentraler Aspekt bei der stationären Versorgung und Betreuung ist die Ernährung. Adäquate Ernährung und Flüssigkeitsversorgung der Bewohner*innen tragen auch und gerade im Pflegefall zu Gesundheit und Wohlbefinden und somit zur Lebensqualität bei. In Sachsen erhalten stationäre Pflegeeinrichtungen derzeit eine Verpflegungspauschale von 4,80 – 5,00 EUR pro Bewohner*in und Tag, um eine adäquate Ernährung abzudecken. Ist damit eine ausgewogene und gesundheitsfördernde Ernährung der Bewohner*innen möglich?

Zum Projektstart standen in Sachsen keine aktuellen Daten zur Verfügung, inwieweit sächsische Einrichtungen der stationären Pflege den Aspekt der ausgewogenen Ernährung in ihr Heimkonzept integriert hatten bzw. umsetzten. Es war nicht bekannt, in welchem Maß Großküchen, welche die Essenszubereitung für die Bewohner*innen in der stationären Pflege übernehmen, nach Leitlinien/Standards für ausgewogene Ernährung arbeiten. Bekannt war und ist, dass in Sachsen keine Einrichtung der stationären Pflege nach dem ‚DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung mit „Essen auf Rädern“ und in Senioreneinrichtungen‘ zertifiziert ist.

Das Projekt wollte mit einer Ist-Stand-Erhebung ganz zentrale Fragen für Sachsen klären:

  • Wie ausgewogen ist das Verpflegungsangebot in der stationären Pflege mit der aktuellen Verpflegungspauschale?
  • Welche Rahmenkonzepte, bspw. zur ausgewogenen Ernährung, Essatmosphäre etc. sind in der stationären Pflege vorhanden?
  • Inwieweit werden aktuelle Qualitätsstandards bzw. Leitlinien zur ausgewogenen Ernährung in der stationären Pflege umgesetzt?

 

Projektbilanz

Am Gesamtprojekt nahmen knapp 50 Heimleitungen von vollstationären Pflegeeinrichtungen aus ganz Sachsen teil. Neun von 50 Einrichtungen beteiligten sich zudem an einer detaillierten Befragung und Erfassung ihrer vorhandenen Speisepläne. Heim- und Küchenleitungen erhielten standardisierte Online-Fragebögen mit differenzierter Schwerpunktsetzung. Die Bewohner*innen als vorrangige Zielgruppe des Projektes wurden durch persönliche Vor-Ort-Interviews einbezogen. Stellvertretend für die gesamte Bewohnerschaft wurden diese mit den Heimbeiräten oder mit den einzelnen Bewohner*innen geführt.


Einrichtungen nutzen mehrere Konzepte parallel

Der ‚Expertenstandard Ernährungsmanagement zur Sicherung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege‘ wird als vorrangiges Konzept genutzt. Aufgrund der Mehrfachnennung ist zu verzeichnen, dass über die Hälfte der Einrichtungen (56%) mindestens zwei Konzepte parallel anwendet. Kombiniert wird der Expertenstandard mit dem eigenen Heimkonzept und/oder mit dem ‚DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen‘.


Die Verpflegungspauschale

Mit Stand Februar 2021 wurden Verpflegungspauschalen in Höhe von 2,00 EUR bis 5,28 EUR in den Einrichtungen erfasst. Beim Betrag von 2,00 EUR konnte nicht ausgeschlossen werden, dass dieser sich auf eine Tagespflege ohne Vollverpflegung bezieht.

Die Verpflegungspauschale deckt in vollstationären Pflegeeinrichtungen eine tägliche Vollverpflegung je Bewohner*in inklusive Getränke und Nachtimbiss  ab. Dabei ergibt sich eine unterschiedliche prozentuale Verteilung auf die verschiedenen Mahlzeiten.

Bezugnehmend auf die unterschiedlichen Pauschalen und durchschnittliche prozentuale Verteilung je Mahlzeit wurden Beispielrechnungen durchgeführt. Dabei ergeben sich für die Mittagsversorgung Preisspannen von 0,91 EUR bis 1,85 EUR.


Auskömmlichkeit und Speisenangebot

Für 40% der Einrichtungen ist die zur Verfügung stehende Pauschale manchmal bzw. überhaupt nicht ausreichend. Benannte Gründe sind unter anderem die Preissteigerungen für Obst, Gemüse und Fleisch.

Dies spiegelte sich auch bei der Auswertung der Speisepläne wider. In fast allen teilnehmenden Pflegeeinrichtungen wird die empfohlene Menge an Obst und Gemüse nicht erreicht. Im Gegensatz dazu wurde die empfohlene Fleisch- und Wursthäufigkeit bei der Mittagsversorgung in mindestens einer von zwei Menülinien überschritten.

Die Nutzung des DGE-Qualitätsstandards durch die Küchenleitungen war  im Speiseangebot positiv erkennbar. Hier entsprach die Häufigkeit von Fleisch- und Wurstwaren den Empfehlungen bzw. wurde sie nur gering überschritten. Zum anderen zeigte auch das Obst- und Gemüseangebot eine positive Tendenz hin zu den Empfehlungen.


Abgeleitete Bedarfe

Im Kontext des Verpflegungsmanagements wurden die Küchen- und Heimleitungen gefragt, welche konkrete Unterstützung sie benötigen, um dieses umfassend auszuüben. Weiterbildungen als auch die Erhöhung des Budgets wurden am häufigsten benannt.

Darüber hinaus sind in den Einrichtungen die Kommunikationsstrukturen im Bereich des Verpflegungsmanagements ausbaufähig. Deutlich wurde jedoch: Sind Strategien zur Verpflegungsumsetzung sowie die entsprechenden Kommunikationswege prinzipiell bekannt, kommt es zwischen den Beteiligten zu einer schnellen Klärung und somit auch zu hoher Akzeptanz der Mahlzeiten bei den Bewohner*innen.

Abgeleitet von den Gesamtergebnissen und den erfassten Bedarfen wurde ein bedarfsorientiertes Projekt für vollstationäre Pflegeeinrichtungen entwickelt, welches ab sofort Einrichtungen berät und begleitet. Dabei stehen sowohl die Kommunikationsstrukturen im Kontext des Verpflegungsmanagements als auch die Optimierung des Speisenangebotes im Vordergrund

Interesse? Dann melden Sie sich bei der leitenden Projektkoordinatorin Anja Schindhelm.  

 

Abschlussbericht:

Dieser Link führt Sie zum Abschlussbericht 2022 des Projektes.


Kontakt:

Anja Schindhelm
Projektleiterin ‚Ist-Stand-Erhebung zur Umsetzung ausgewogener Ernährung in der vollstationären Pflege in Sachsen‘
Tel.: 0351/ 828 71 451
E-Mail: anja.schindhelm@parikom.de